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Tageslosung, 2. September 2019 – Lindigkeit

Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig, und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich.
2. Mose 33,19

Da ist kein Unterschied: Alle haben ja gesündigt … und die Herrlichkeit Gottes verspielt. Gerecht gemacht werden sie ohne Verdienst aus seiner Gnade …
Römer 3,22-24

Heute bin ich an dieser Aussage hängen geblieben:
„Da ist kein Unterschied.“

Worauf bezieht sich diese Aussage?

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Predigt zu Joh. 4, 46-54

„Mit Glauben im Sinn von „für richtig halten“ bewältigen wir unser tägliches Leben in der realen Welt. In den Grenzsituationen unseres
Lebens trägt das nicht mehr.“

Joh. 4, 46-54 – Heilung des Sohnes eines königlichen Beamten

46 Und Jesus kam abermals nach Kana in Galiläa, wo er das Wasser zu Wein gemacht hatte. Und es war ein Mann im Dienst des Königs;
dessen Sohn lag krank in Kapernaum. 47 Dieser hörte, dass Jesus aus Judäa nach Galiläa gekommen war, und ging hin zu ihm und bat ihn,
herabzukommen und seinen Sohn zu heilen; denn der war todkrank. 48 Da sprach Jesus zu ihm: Wenn ihr nicht Zeichen und Wunder seht,
so glaubt ihr nicht.
49 Der königliche Beamte sprach zu ihm: Herr, komm herab, ehe mein Kind stirbt! 50 Jesus spricht zu ihm: Geh hin, dein Sohn lebt! Der Mann
glaubte dem Wort, das Jesus zu ihm sagte, und ging hin. 51 Und während er noch hinabging, begegneten ihm seine Knechte und sagten:
Dein Kind lebt. 52 Da fragte er sie nach der Stunde, in der es besser mit ihm geworden war. Und sie antworteten ihm: Gestern um die siebente
Stunde verließ ihn das Fieber. 53 Da merkte der Vater, dass es zu der Stunde war, in der Jesus zu ihm gesagt hatte: Dein Sohn lebt. Und er
glaubte mit seinem ganzen Hause. 54 Das ist nun das zweite Zeichen, das Jesus tat, als er aus Judäa nach Galiläa kam.

Liebe Gemeinde,

die Liebe:
Zwei Menschen sind sich zugetan, lernen sich kennen. Man öffnet sich dem Gegenüber, wird persönlich, vertraut und zugleich so verletzlich.  Man gibt von sich preis und vertraut. Man empfängt. Ein sehr fragiles Gebilde entsteht. Eine Partnerschaft, die einmal durch dick und dünn gehen soll, entsteht. Eine Partnerschaft fürs Leben. Schließlich gehen daraus Kinder hervor. Für mich als Vater der größte Schatz, den so eine Partnerschaft, so eine gewachsene Liebe, hervorbringen kann. Das eigene und das gemeinsame Fleisch und Blut. Das Gemeinsame, das Wertvollste und Wunderbarste.
Ein Wunder Gottes!

Plötzlich kommt dieser Schatz, die Hoffnung, die Zukunft in Gefahr. Alles droht zusammenzubrechen. Alles ist in Gefahr! Alle Warnlampen auf Rot! Der Boden wankt unter den Füßen. Verzweiflung pur! Nackte Angst! Alles, die gesamte Existenz, alles was einem Freude und Glück bereitet, alle Hoffnung, alle Zukunft für die es sich zu Leben lohnt, droht ins Bodenlose gerissen zu werden. Der Tod droht in seiner unerbittlichen Art dieses Geschenk Gottes schon vor der Zeit aus dem Leben zu nehmen, den glücklichen Eltern aus den Händen zu reißen!

Vielleicht ist das der Grund, warum Johannes in dieser Erzählung vom Wunder der Fernheilung aus dem Knechten des Hauptmann, wie bei Lukas geschrieben ist, das eigene Kind des Beamten, den Sohn, werden hat lassen. Um das Zeichen, den Hinweis auf Jesus Christus noch deutlicher und markanter hervortreten zu lassen.

In seiner eigenen Weise hat Johannes dieses Wunder weitererzählt und für Suchende und Glaubende gleichermaßen erschlossen.
Wunder als Zeichen, als Hinweis auf etwas viel Größeres. Wunder nicht als Selbstzweck!

Was die eigenen Leute von Jesus nicht erkannt hatten. Dieser römische Beamte, dem war das in seiner Verzweiflung sonnenklar und alle gesellschaftlichen Barrieren waren für ihn einfach nicht existent. Jesus ist hier nicht in Kapernaum, sondern im rund 30 Km entfernten Kana soll er sein. Und der Beamte schickt nicht seine Knechte Jesus zu holen, nein er macht sich als Vater selbst auf den Weg, hin zu Jesus.

Wie hin- und hergerissen muss er sein. Was, wenn das Kind während der zweitägigen Abwesenheit stirbt? Was hilfts! Ich muss zu ihm gehen und ihn holen! Nur dieser Jesus kann jetzt noch helfen.

Johannes sagt im Anfang seines Evangeliums:
Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat’s nicht ergriffen.

Und im Selbstzeugnis Jesu heißt es bei Johannes, Kapitel 8:
Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern das Licht des Lebens haben.

Johannes schreibt sein Evangelium in dem Bestreben, Menschen in der Nachfolge Jesu, im Glauben, den Zugang zum Licht des Lebens und damit zum Reich Gottes zu eröffnen.

Als der Beamte Jesus schließlich in dem Bergdorf findet, bittet er ihn, hinunter an den See Genezareth nach Kapernaum zu kommen, um dem todkranken Sohn zu helfen. Wir erleben, dass Glaube mit Vertrauen beginnt: Der Vater vertraut allein Jesus in seiner Sorge um seinem sterbenden Sohn die Heilung zu. In seiner Not und Angst wird Jesus seine Hoffnung.

Falls Jesus an dieser Stelle wirklich gesagt haben sollte, dass Menschen zum Glauben Zeichen und Wunder brauchen, kann er nicht diesen Vater gemeint haben. Er kam voller Vertrauen zu ihm. Was Jesus bei ihm sicher schon gespürt hat, wird in der Antwort des Vaters ganz deutlich:  „Herr, komm, ehe mein Kind stirbt!“ Er ist voller Vertrauen, dass Jesus seinen Sohn heilen kann. Und die eigentliche Geschichte ist damit schon fast erzählt. In zwei drei Sätzen ist vermeintlich alles gesagt.

„Geh hin, dein Sohn lebt!“, sagt Jesus, und das Vertrauen des Vaters wandelt sich in Glauben. Er glaubt und geht zurück. Auf dem Heimweg kommen ihm seine Knechte mit der Botschaft entgegen: „Dein Sohn lebt!“ Auf Nachfragen erfährt er von ihnen, dass die
Besserung zeitgleich mit der Ansage Jesu eingetreten ist. Sein Vertrauen in Jesus erfährt Bestätigung, und es entsteht ein tiefer Glaube an Jesus. Dieser Glaube erfasst seine ganze Existenz und gewinnt so sehr an Kraft, dass sein ganzes Haus davon erfasst wird.

Johannes zeigt uns in dieser Geschichte die Entstehung eines tiefen und starken Glaubens, der aus einem sicheren und zuversichtlichen
Vertrauen durch das Zeichen der Liebe Gottes in der Tat Jesu wächst.

Der Neutestamentler Söding macht darauf aufmerksam, dass Wunder bei Johannes „Zeichen“ genannt werden, weil dieser sie dem Offenbarungsauftrag Jesu zuordnet.

Den Grund der Offenbarung Gottes durch Jesus beschreibt Johannes in seiner Vorrede des Evangelium durch ein Bild: der einziggeborene Sohn, der im Schoß des Vaters ist: Er ist Verkündiger der Herrlichkeit Gottes. Wunder Jesu als Zeichen der Herrlichkeit Gottes in der Weite der Offenbarung Jesu. Das hat mit wahrer Tiefe des Glaubens zu tun und mit der Einsicht in die Offenbarung Jesu.

Söding schreibt dazu: „Die Wunder Jesu wecken den Glauben – der oberflächlich bleibt, wenn er die Wunder nur als Wunder sieht,
und in die Tiefe geht, wenn er sie als Zeichen zu lesen versteht.“

Den königlichen Beamten bringt die Liebe zu seinem Kind auf den Weg zu Jesus. Das irdische Glück der väterlichen Liebe ist durch den Tod bedroht, aber seine Liebe gewinnt eine neue Dimension durch die Liebe Gottes. Im Zeichen der Wunderheilung durch Jesus wird dieses Geschehen für ihn erlebbar – und gleichzeitig wächst auch sein Glaube und entzündet den Glauben in seinem ganzen Haus.

Wie ist es mit unserem Glauben bestellt?
Wo hat er seinen Grund?
Durch welche Zeichen der Liebe Gottes in unserem Leben hat er an Tiefe gewonnen?

Andere Fragen können aber auch sein:
Wann und wo hat unser Vertrauen zu Gott gelitten?
Wo haben sich Zweifel an der Liebe Gottes gemeldet?
Wo haben wir angefangen, über angebliche Ungerechtigkeiten Gottes nachzudenken?

Vielleicht müssen wir uns auch Fragen stellen wie:
Wann hast du aufgehört, auf Gottes Zeichen und Spuren in deinem Leben zu achten?
Wann hast du aufgehört, auf deinen inneren Frieden zu achten?
Wann hast du aufgehört, dich zu lieben?
Wann hast du aufgehört, dir zu vertrauen?

Hin und wieder werden wir von Bekannten oder Freunden in Gespräche über Gott, die Welt und die Kirche gezogen. Vielleicht kennen wir solche Gespräche, in denen Menschen auf diese Weise nach unserem Glauben fragen, weil sie selbst starke Glaubenszweifel haben oder ihnen ihr Glaube ganz abhanden gekommen ist.

Schnell wird man mit Behauptungen über das Versagen der Kirchen und die Ungerechtigkeit Gottes konfrontiert und bald auch mit der Aussage, dass es Gott nicht geben könne, wenn die Welt so aussieht, wie sie aussieht.

Der eigene Glaube wird dabei schonungslos auf die Probe gestellt. Das Schwierige dabei ist: Man kann den Glauben nicht beweisen oder mit Argumenten verteidigen. Man kann auch sein Herz nicht heraushalten. Schnell bekommt man zu spüren: der Glaube ist eine persönliche, sehr intime Angelegenheit.

Man muss sich bekennen – auch zu manchem, was einem vielleicht unangenehm ist: zu eigenem Versagen, eigenen Zweifeln, zu eigener
Ungerechtigkeit, eigener Schuld. Das ist keine Schande in einem offenen und ehrlichen Gespräch, und es führt meist zu Nachdenklichkeit beim Gegenüber. Wenn man dann davon sprechen kann, dass man die eigenen Unzulänglichkeiten aushalten kann, weil es einen gibt, der trotz allem Ja zu einem selbst sagt, kann es eine Wendung im Gespräch geben.

Vielleicht können wir davon sprechen, dass sich Glaube an Gott aus Vertrauen entwickeln kann. Die Geschichte vom königlichen Beamten und seinem großen Vertrauen zu Jesus erzählt davon.

Von Vertrauen und Liebe zeugen. Und auch vom Scheitern menschlicher Bemühungen in diesen Bereichen reden.
Gottes Hilfe bekennen, dass er mich mit seinem Ja zu mir nicht im Scheitern versinken lässt, sondern mich hält und mir hilft.

Für Menschen ist es gut, dass es christliche Kirchen gibt, die das Evangelium weitergeben und vom Glauben erzählen. Der Religions-
und Konfirmandenunterricht kann nur eine erste Grundlage für Heranwachsende sein. Die Weitergabe von Glauben allein durch
Hörensagen reicht nicht aus.

Mit Glauben im Sinn von „für richtig halten“ bewältigen wir unser tägliches Leben in der realen Welt. In den Grenzsituationen unseres
Lebens trägt das nicht mehr.

Es ist viel mehr nötig: seelische Kraft. Wenn wir einen vertrauensvollen Zugang zu Gott gewinnen und uns in seiner Liebe sicher und geborgen fühlen, dann werden wir, wie es im Psalm heißt (Psalm 18,30), mit unserem Gott über Mauern springen können.

Glaube, Liebe und Vertrauen wachsen, wenn sie gelebt werden und davon gezeugt wird.

Amen

 

Andreas Ponto, 2017-01-22
Es gilt das gesprochene Wort.
Verwendete Vorlage: Predigt zu Johannes 4:46-54 von http://www.theologie.uzh.ch/predigten/

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Verhältnis Christus – Gläubiger – Kirche

Diese kurzen Gedanken habe ich anlässlich der Tageslosung vom 11.07.2015, bzw. des zugehörigen Lehrtextes aus Röm 12,2
„Fügt euch nicht ins Schema dieser Welt, sondern verwandelt euch durch die Erneuerung eures Sinnes, dass ihr zu prüfen vermögt, was der Wille Gottes ist: das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene.“
aufgeschrieben.
Da ich mich an diesem Tag mit dem Epheserbrief beschäftigt hatte und an anderer Stelle von der „PRIVATSACHE“ des Glaubens und der Gottesbeziehung geschrieben wurde, sind wohl diese Gedanken so entstanden:

Wie ist das Verhältnis Christus – Gläubiger – Kirche (Christi) zu sehen?

Der Verfasser des Ephesserbriefes, dieser auch als theologisches  Vermächtnis der Paulusschule angesehen wird,  sieht in der Kirche Christi den präsentischen Heilsraum, gleichwohl Kirche unbestritten noch immer einem Wachstums- und Reifeprozess unterworfen ist und bleiben wird.

Christus – Haupt der Kirche.
Apostel und Propheten – unveränderlich Fundament und Norm.
Der Apostel als Bote des Geheimnisses des Evangeliums.
Kirche als der Leib Christi.

Im Ephesserbrief wird auch ein Gegenentwurf zum damals herrschenden Kaiserkult (Kaiser das Haupt, römisches Reich der Leib) festgemacht: Christus das Haupt, Kirche Christi der Leib.
In der Kirche offenbart sich die Herrschaft Christi und sind durch das Evangelium erst alle wirklich frei!

Wie ist das nun heute, nach den Jahrhunderten mit einer Kirche, die zur politischen Macht geworden ist?
Die durch die im 4. Jhd. erfolgte Erhebung des Christentums zur Staatsreligion im Römischen Reich, selbst Teil der „Hure Babylons“ wurde?

Heben die Irrungen und Wirrungen der institutionellen Kirche/n in der Geschichte die paulinische Theologie auf?

Hat Christus Kirche als Heilsraum aufgegeben?
Hat Kirche somit theologisch ausgedient?

Christus nun das Haupt vieler Leiber?
Jeder wird nach seiner Facon selig?

Ich bin überzeugt, dass wir um die Gemeinschaft von Christen, als Kirche Christi verstanden, nicht umhin kommen.  Christus möchte Schranken und Fremdherrschaft-/bestimmung einreißen, möchte durch den Heiligen Geist im Sinn Christi sammeln –
keinesfalls aber zerstreuen.

Christus möchte auf dem von ihm selbst geschichtlich einmalig gelegten Fundament der Apostel und Prohpeten in seiner Kirche sammeln und als alleiniges Haupt regieren.

Kirche Christi, als Gemeinschaft aller Gläubigen, als Leib Christi, nicht als irgendeine Institution, aber dadurch eben auch als Institution,
ist präsentischer Heilsraum, ist, so verstanden, Gegenentwurf zum Herrschaftssystem und -prinzip dieser Welt.
Das ist aus meiner Sicht als ekklesiologische Relevanz des Evangeliums zu verstehen.

Christen sind in der Taufe an Christus gebunden und somit unweigerlich Teil der Kirche Christi. Das in der Schrift durch Apostel unf Propheten tradierte Evangelium Christi ist Fundament und Norm eines jeden Christen, aber eben auch der Kirche Christi als Ganzes, als Leib Christi. Christus das alleinige Haupt, macht frei von jeglicher Fremdherrschaft, auch kirchlich institutioneller, fügt aber gleichzeitig alle als lebendiger Leib Christi in der Gemeinschaft zusammen.

Diese Spannung ist nach meiner Überzeugung auszuhalten!

Kirche ist aus meiner Sicht daher nicht aufzugeben, sondern muss sich auf dem von Christus gelegten Fundament, getrieben durch den Heiligen Geist, verwirklichen.

Kirche muß sich als Gegenentwurf zum weltlichen Herrschaftssystem verstehen und, da Kirche, wie jeder Einzelne eben auch, den Verstrickungen ihrer Zeit unterliegt, immer wieder aus dem weltlichen System befreien (Bsp: Reformation, Bonhoeffer, …) und auf Basis des gelegten Fundamentes immer wieder neu erfinden.

Kirche als Gemeinschaft ausnahmslos aller Gläubigen ist durch das Evangelium verpflichtet Versöhnung, Gemeinschaft, Integration und Einheit, trotz aller Unterschiede und Differenzen, trotz allem Trennenden, zu suchen und immer wieder neu zu (er-)finden.

Kirche als integraler Bestandteil des Evangeliums, Leib Christi und präsentischer Heilsraum, ist, so verstehe ich die Schrift, elementar.